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Wolfgang Betke - hortus conclusus <|>
 
 
A
we’re soaking the emptiness in.
but even this cannot fill us anymore.
 
in a moment it happens, it happens unavoidably, an inescapability occurs, an enormity, an
enormous inescapability, something to do with contagion. it will be a start. a start.
already we are full of holes. one can see through us.
we are afraid of flying away, we have become so light.
light.
thinned out, we are thinned out.
thin.
 
skin: paper, bones: scrap
 
nevertheless we dine well. each night we drink wine, beer, whiskey and gin.
the tables are richly laid. we eat pigs, kine, fowl, fish, potatoes, carrots, grains.
 
the finest chefs conjure their most exquisite creations especially for us.
yet it wearies us, it wearies us.
 
sometimes we get into a car and simply stay there.
bleu or rosé like undershirts with holes.
we don’t drive. don’t drive!
 

in time the car is overlaid with floating leaves and dust.
the windows are steamed up from the inside, milky, opaque.

 
when, after weeks, unwashed and without having eaten, we leave the car, its doors are
already slightly creaky by then, we’ve become heavier by several grams. by then we also smell
good.
 
but for the time being it would be helpful, helpful would it be, for the time being it would be
helpful to collect stones. these we must stuff into our pockets as long as they’re not yet
perforated.
we ought to hurry.
 
stones into the pockets.
full up to the brim
thick smooth pebbles dry clack
 
 
B
a mountain peak
a valley
a wood
a meadow
a garden
a chamber
a car
an island
a bird in a cage
a prison cell
a deserted place in a city
the wind
cap'n's baby
roses of sunshine
violets of dew
two babies
a rollin' pin
a hammer
a bowie knife
a pistol
a judgement
 
 
C
we stand on the edge of the city, in a deserted parking lot on which nothing but a rotten
wagon in a light blue, they say bleu, a light, almost sky blue, if it weren’t so pale or like on
extraordinarily hot summer days, when the blue gets milky, my mother used to always say,
with linen my mother always used to say bleu, this is kept in such a bleu, the wagon is
standing kept in a bleu, are we waiting for somebody there or are we just watching the
cracks in the glowing asphalt cracking, how they distend and distend like your head, when
you can’t stand it any more in the face of total rottenness, in the face of total infamy, in the
face of the total airiness of human manners, of human acts, which are so degenerate you
could puke, puke onto the glowing asphalt so your puke instantly begins to vaporize as it
slaps onto the hot lava in a great brownyellow flush with little green chunks against the
wagon’s bleu, a flush vomited in a great arch and splashed onto the asphalt only to vaporize
there at the very instant before you can get down on your knees and lap up your own puke
again, because once you had produced it, you didn’t want to take in any other nourishment,
you want to keep it in circulation, adding nothing new but losing as little as possible, you
wanted to create so to speak a maximum possible recycle, a nutrient circulation with
yourself, but you came too late, your kneeling down doesn’t help you, it evaporates even as
you watch it falling, it evaporates, your puke evaporates.
 
 
D
skies become orange and woods blue
I saw this in your face
after I kissed thee
 
you kissed me awake
our lips softened
ever more tender, softer and sweeter
the scent of morning and distance
 
clouds swept across asudden wildly
colours dissolved at once much more courageous
a brillance returned from sheer happiness
a melting turned into the stuttering hand
 
you smile inside me
 
the wood falls back onto the surroundings
it flows into the day with white and blue
the rustling causes pieces of snow to fall
the grass breaks green towards the sun
 
little water drops take us in
slightly bent we lean down to the grass blade
completely in this tiny universe sparkling
we see ourselves in the small sphere
 
put me like a seal over your heart
like a seal on your arm
 
 

 
 
Wolfgang Betke - hortus conclusus
 
 
A
wir saugen die leere ein.
doch auch sie vermag nicht mehr uns auszufüllen.
 
gleich wird es geschehen, es wird unausweichlich geschehen, eine unausweichlichkeit wird
eintreten, eine ungeheuerlichkeit, eine ungeheure unausweichlichkeit, etwas das mit
ansteckung zu tun hat. es wird ein anfang sein. ein anfang.
wir sind schon ganz löchrig. man kann durch uns hindurchschauen.
wir haben angst fort zu fliegen, so leicht sind wir geworden.
leicht.
ausgedünnt, wir sind ausgedünnt.
dünn.
 
die haut: papier, die knochen: bruch
 
dabei speisen wir gut. wir trinken jeden abend wein, bier, whiskey und gin.
die tafeln sind reich gedeckt. wir essen schweine, rinder, hühner, fische, kartoffeln, möhren,
korn. die feinsten köche zaubern jeden tag ihre schönsten kreationen nur für uns.
doch es langweilt, es langweilt uns.
 
manchmal steigen wir in ein auto und bleiben einfach sitzen.
in bleu oder rosé wie unterhemden mit löchern.
wir fahren nicht. nicht fahren!
 
mit der zeit wird das auto von herbeigewehten blättern und staub überzogen.
die scheiben beschlagen von innen, milchig, undurchsichtig.
 
wenn wir nach wochen ungewaschen und ohne nahrung zu uns zu nehmen, den wagen
verlassen, die türen knarren dann schon ein wenig, sind wir um einige gramm schwerer
geworden. wir riechen dann auch gut.
 
doch vorerst wäre es hilfreich, es wäre hilfreich, hilfreich wäre es, vorerst wäre es hilfreich,
steine zu sammeln.
die müssen wir in unsere taschen stopfen solange sie noch nicht durchlöchert.
wir sollten uns beeilen.
 
der wind
 
steine in die taschen
ganz voll bis zum rand
dicke glatte kiesel trocken klappern
 
 
B
ein gipfel
ein tal
ein wald
eine wiese
ein garten
ein zimmer
ein auto
eine insel
ein vogel im käfig
eine gefängniszelle
ein verlassener platz in einer stadt
der wind
cap'n's baby
roses of sunshine
violets of dew
zwei babies
eine teigrolle
ein hammer
ein bowiemesser
eine pistole
ein urteil
 
 
C
wir stehen am rande der stadt, auf einem verlassenen parkplatz auf dem außer ein
zusammengefallener bauwagen in einem hellen blau, man sagt bleu, ein helles fast
himmelblau, wenn es nicht so blaß wäre oder wie an besonders heißen sommertagen, wenn
das blau milchig wird, meine mutter sagte immer, bei wäsche sagte meine mutter immer bleu,
das ist in so einem bleu gehalten, steht der bauwagen in einem bleu gehalten, warten wir auf
jemanden dort oder schauen wir nur den rissen im glühenden asphalt beim reißen zu, wie sie
sich dehnen und dehnen wie dein kopf, wenn du es nicht mehr aushältst vor lauter
verkommenheit, vor lauter niedertracht, vor lauter fahrigkeit der menschlichen gesten, der
menschlichen taten, die so verdorben sind daß du kotzen könntest, kotzen auf den heißen
asphalt, so daß deine kotze im gleichen moment zu verdampfen anfängt, wie sie auf die heiße
lava klatscht, in einem großen braungelben schwall mit kleinen grünen bröckchen vor dem
bleu des bauwagens, einen schwall in großem bogen erbrochen und auf den asphalt geknallt
um dort im selben moment zu verdampfen bevor du dich hinknieen kannst, um deine kotze
wieder aufzuschlecken, weil du sonst keine nahrung mehr zu dir nehmen wolltest, nachdem du
diese einmal produziert, wolltest du sie im kreislauf halten, nichts neues hinzufügen aber auch
sowenig wie möglich verlieren, du wolltest sozusagen einen größtmöglichen recyclus schaffen,
einen nahrungskreislauf mit dir selber, doch du bist zu spät gekommen, dein niederknien nützt
dir nichts, es verdampft noch wie du es fallen siehst, es verdampft, deine kotze verdampft.
 
 
D
himmel werden orange und wälder blau
ich sah das in deinem gesicht
nachdem ich dich geküsst
 
du küsstest mich wach
unsere lippen weichten
immer zarter, weicher und süßer
duft nach morgen und weite
 
wolken verfegten sich plötzlich sehr wild
farben zerflossen mit einem mal viel mutiger
ein leuchten kehrte zurück vor lauter glück
ein schmelz bog ein in das stottern der hand
 
du lächelst in mir
 
der wald fällt in die gegend zurück
er fließt in den tag mit weiß und blau
das rauschen bringt schneestücke zu fall
und grün bricht das gras gegen die sonne
 
kleine wassertröpfchen nehmen uns auf
und gebogen lehnen wir uns hinunter zum grashalm
ganz in der winzigen welt die so glänzt
sehen wir uns in der kleinen kugel
 
lege mich wie ein siegel auf dein herz
wie ein siegel auf deinen arm